Da ich mich gerade verstärkt wieder mit Malerei beschäftige, sind mir da einige Gedanken gekommen, die ich hier einmal versuchen will, darzulegen. In „Perspektiven – ein Nachtrag“ habe ich geschrieben: „Mit Pinsel und Farbe malen kann praktisch jeder [ … ].“ Aber: „Allerdings ist das beim Malen ja nicht anders; auch da muß man sich die erforderliche Technik zuerst erarbeiten.“ Gerade diese erforderliche Technik, die noch in vergangenen Jahrhunderten eine Selbstverständlichkeit war, scheint im Verlauf des 20. Jahrhundert mehr und mehr verloren gegangen zu sein. Hier nun tritt mehr als einmal das Phänomen auf, dass ein Bruch mit der Tradition zur Modeerscheinung wird und eine solide malerische Technik gar nicht mehr gefragt ist. Als Beispiele aus dem deutschsprachigen Raum mögen etwa die Gemälde von Georg Baselitz oder Markus Lüpertz dienen, ein Beispiel aus dem anglo-amerikanischen Raum wäre etwa Jean-Michel Basquiat.
In der Computergrafik haben wir dagegen das Phänomen, dass sogar Hobby-User teilweise ein beachtliches technisches Niveau erreicht habe; was hier allerdings fehlt, ist das Künstlerische. So sind denn auch die Ergebnisse dieser Bemühungen oft mehr oder weniger banal. Tonnenweise fotorealistische Autos, Monster oder Raumschiffe, Fantasy-Sujets – die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.
Im Profi-Bereich ist das technische Niveau nun inzwischen so atemberaubend, dass wirklich kaum noch etwas unmöglich scheint, aber auch hier ist der Fokus vorwiegend auf dem Fotorealistischen. Freie künstlerische Arbeiten wird man hier vergebens suchen. Dieser Zustand ist denn auch das, was ich bemängle: dass bei aller technischen Virtuosität auf rein künstlerischem Gebiet keine Weiterentwicklung stattfindet. Und „Weiterentwicklung“ bedeutet ja auch, dass hier wenigstens ein Anfang gemacht wurde. Wo sind aber – ich weiß, dass ich mich hier wiederhole – die bildenden Künstler, die mit dem digitalen Medium arbeiten? Die sich soweit in die Materie eingearbeitet haben, dass das Technische kein Problem mehr darstellt, sondern dass es ein Mittel ist, dem künstlerischen Wollen Ausdruck zu verschaffen?
Auf der Website der renommierten US-amerikanischen Konferenz SIGGRAPH finden sich ab und an Beispiele von – meist abstrakter – digitaler Kunst, die ich aber vom Niveau her eher als – mehr oder weniger geglückte – Versuche einordnen möchte. Ganz allgemein scheint mir – auch in Bezug auf die Malerei – die Frage wichtig, wie denn eine zeitgenössische Kunst auszusehen hätte? Auf diese ganz grundsätzliche Frage eine Antwort zu finden, scheint schwierig bis unmöglich. Trotzdem ist dies eine der Fragen, auf die, wie ich meine, eine schlüssige Antwort zu finden bleibt.